Birgit Gerstorfer, MBA (61) wurde heute am außerordentlichen Verbandstag des Pensionistenverbandes Österreichs zur neuen, zur ersten weiblichen Präsidentin des Pensionistenverbandes Österreichs gewählt. Sie folgt damit auf Dr. Peter Kostelka, der am 17. April dieses Jahres völlig überraschend verstorben ist. Gerstorfer steht seit 2023 dem Pensionistenverband Oberösterreichs als Landespräsidentin vor. Sie war Landesgeschäftsführerin des AMS Oberösterreich und verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im politischen Bereich u.a. als Landesparteivorsitzende der SPÖ Oberösterreich und Soziallandesrätin. Sie ist Trägerin des großen Ehrenzeichens des Landes Oberösterreich sowie der Barbara-Prammer-Nadel für besondere Verdienste in der Frauenpolitik.
Auf nationaler Ebene für die ältere Generation stark machen
Schon als Kind übernahm Gerstorfer Verantwortung: „Ich war seit meinem zehnten Lebensjahr Klassensprecherin und habe mich immer gern für Menschen und Gemeinschaften eingesetzt. Das hat nie aufgehört.“ Heute ist ihre „Klasse“ größer und älter: Sie vertritt die Interessen der Pensionistinnen und Pensionisten, zunächst in Oberösterreich, nun österreichweit. Für sie ist das ein logischer Schritt: „Ich möchte mich auf nationaler Ebene für die ältere Generation stark machen.“
Drei zentrale Anliegen
Gerstorfer sieht ihre Aufgabe in drei Schwerpunkten: „Erstens geht es um die Interessen der älteren Generation. Bei Veränderungen prüfen wir, ob sie Vorteile oder Nachteile bringen. Vorteile unterstützen wir, bei Nachteilen suchen wir nach Wegen, gegenzusteuern.“ Zweitens sei die Wirkung nach innen entscheidend: „Bei 280.000 Mitgliedern braucht es eine Persönlichkeit an der Spitze, mit der sich die Mitglieder identifizieren können. Das ist mir in Oberösterreich gelungen, und ich bin zuversichtlich, dass es auch bundesweit gelingt.“ Drittens müsse sich der PVÖ weiterentwickeln: „Wir vereinen mindestens zwei Generationen – die aktiven Babyboomer, die jetzt gerade in Pension gehen und die älteren, die vor allem Gemeinschaft suchen. Beide Gruppen brauchen passende Angebote.“
Erste Frau an der Spitze
Dass sie als erste Frau und jüngste Präsidentin den PVÖ führt, ist für Gerstorfer von großer Bedeutung: „Das Thema begleitet mich schon lange. Als Frau blickt man manchmal anders auf die Dinge und beobachtet genau, wie Entscheidungen auf die Geschlechter wirken. Mir geht es aber um die Interessen aller älteren Menschen, unabhängig vom Geschlecht.“ Besonders die Benachteiligung von Frauen bei Pensionen und anderen Themen will sie aktiv angehen: „In unserem Verband gibt es mehr Frauen als Männer – ihre Anliegen werden wir verstärkt vertreten.“
Unabhängig, aber mit Haltung
Die parteipolitische Unabhängigkeit des PVÖ ist ihr wichtig: „An oberster Stelle steht die Interessenpolitik, nicht die Parteipolitik. Wir vertreten die Anliegen unserer Mitglieder – unabhängig davon, wer regiert.“ Zwar gebe es viele Funktionär*innen mit sozialdemokratischem Hintergrund, auch sie selbst habe diesen Bezug. „Wichtig ist aber, dass wir organisatorisch und finanziell unabhängig sind. Dass wir sozialdemokratische Werte teilen, steht dazu nicht im Widerspruch.“
Stärkung nach innen und außen
Als wichtige Aufgabe sieht Gerstorfer, neue Funktionär*innen und Mitglieder zu gewinnen: „Je stärker wir sind, desto mehr Gewicht haben unsere Anliegen.“ Nach außen beobachtet sie ein zunehmendes „Pensionisten-Bashing“: „Es darf nicht sein, dass finanzielle Probleme auf dem Rücken der älteren Generation gelöst werden.“ Sie fordert eine differenzierte Debatte: „Bevor man über eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters spricht, muss man das faktische Antrittsalter erhöhen. Unternehmen müssen stärker in die Verantwortung genommen werden, denn viele Menschen gehen krank oder arbeitslos in Pension.“
Pensionist*innen als Wirtschaftsfaktor
Gerstorfer widerspricht dem Bild der Pensionist*innen als Kostenfaktor entschieden: „Ganze Branchen leben von uns – 50 Milliarden Euro fließen jährlich durch unseren Konsum in die Wirtschaft. Unsere Steuer- und Beitragsleistungen betragen 20 Milliarden Euro, die Pflege durch Angehörige ist mit 6 Milliarden Euro zu bewerten, ehrenamtliche Tätigkeiten sparen der Gesellschaft 2,5 Milliarden Euro jährlich. Diese Leistungen werden oft übersehen, wenn es um Budgetfragen geht.“